Die Auswanderer

schreibmanufaktur

23/7/2022
Auswanderer sind auch Teil meiner Geschichte „Die Väter der Kriegskinder“. Einige zog es nach St. Louis, Missouri. Eine lehrreiche Spurensuche.

Was verbinden wir mit Migration? Das Jahr 2015, Flüchtlingskrise, Flüchtlingsströme in die EU und insbesondere nach Deutschland. Richtig? Tatsächlich wünschen sich heute deutlich mehr Menschen ein Leben in Deutschland als es Deutsche in die Ferne zieht. Doch das war nicht immer so. Deutschland war über lange Zeit ein Auswandererland – und Deutsche hofften auf ein besseres Leben fern der Heimat. Noch nicht so lange her und aus ähnlichen Gründen, die heutige Migranten antreiben, unabhängig von Kriegen und Abenteuerlust:

  • politische und religiöse Gründe – z.B. zu Revolutionszeiten 1848/1849 und mit Inkrafttreten des Sozialistengesetzes, dem „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ 1871
  • wirtschaftliche Gründe – Flucht vor Armut und fehlenden Erwerbschancen, u.a. wegen des starken Bevölkerungswachstums zwischen 1800 und 1850.

Allein zwischen 1820 und 1913 verließen mehr als 50 Millionen Menschen Europa mit dem Ziel USA. Besonders hoch waren die Einwanderungszahlen in Nordamerika in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Und in dieser Zeit stammte die größte Einwanderergruppe aus Deutschland.

Auswanderung mit Hürden

Während heute strenge Reglungen die Einreise zu uns erschweren, hatten damals vor allem Auswanderungswillige hohe Hürden zu bewältigen. Denn ohne Genehmigung blieb der Traum vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten einfach nur ein Traum. So unterlagen junge Männer der Militärpflicht und man durfte keine Schulden hinterlassen. Teilweise musste das Auswanderungsvorhaben nicht nur beantragt, sondern auch noch öffentlich angekündigt werden. Unliebsame Zeitgenossen ließ man allerdings gerne ziehen, z.B. politisch unerwünschte Menschen und von Armut betroffene Männer und Frauen. Wollten die jedoch eines Tages zurückkehren, wurde ihnen das zumeist untersagt.

Wer alle formalen Anforderungen erfüllte, benötigte Geld. Bereits die Überfahrt nach New York kostete um 1850 bereits mehr als das durchschnittliche Jahresgehalt eines einfachen Landarbeiters. Oft machten sich daher Familienväter alleine auf den Weg, in der Hoffnung, Frau und Kinder später nachholen zu können. Leider fand nicht jeder von ihnen sein Eldorado oder entschied sich irgendwann für ein Leben ohne „Altlasten“.

Auf nach Missouri

Viele zog es nach St. Louis im Bundesstaat Missouri. Im Jahr 1860 lag der Anteil der ca. 60.000 dort lebenden deutschen Auswanderer bei 35 % der Einwohner. Das entspricht übrigens ungefähr dem Anteil der Einwohner mit ausländischen Wurzeln in Berlin 2021 – mit dem Unterschied, dass sich diese „ausländischen Wurzeln“ der Berliner Zahlen über einen erheblich größeren Zeitraum entwickelten, als dies in St. Louis bis zum Jahr 1860 der Fall war.

Berühmte deutsche Auswanderer, die in St. Louis Geschichte schrieben, waren u.a. Eberhard Anheuser aus Bad Kreuznach und sein Schwiegersohn Adolphus Busch aus Mainz-Kastel. Sie gründeten 1870 die Großbrauerei Anheuser-Busch, deren bekannteste Marke „Budweiser“ vermutlich jeder Biertrinker schon einmal probiert hat.

Auswanderer meiner Geschichte „Die Väter der Kriegskinder“

Auch Bernhard und Heinrich, Söhne des Bäckermeisters Johann Georg (der Erste) aus Groß-Zimmern bei Darmstadt und dessen Frau Elisabeth Katharina, suchten ihr Glück in St. Louis. Während Heinrich seinen Lebensunterhalt als Metzger verdiente und eine Familie gründete, arbeitete Bernhard als Bäcker. Seine noch lebenden 3 Töchter (3 waren zum Zeitpunkt seiner Auswanderung um 1880 bereits gestorben) und Ehefrau Juliana ließ er zurück. Sie starb knapp 10 Jahre nach seiner Abreise in großer Armut.

Integration braucht ihre Zeit - damals wie heute

Übrigens: Integrationssprachkurse, an denen teilzunehmen Migranten aus Nicht-EU-Ländern heute bei uns verpflichtet sind, gab es damals nicht. Und so blieb man unter sich und heiratete vorzugsweise innerhalb der Auswanderergemeinden. Es dauerte manchmal 2 – 3 Generationen, bis die Integration wirklich vollzogen war. Gut zu wissen, dass eine Demokratie trotz aller Migrationsprobleme daran anscheinend nicht zugrunde geht.

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